Haushaltsrede 2024

Haushaltsrede 2024
01.05.2024

Liebe Lohmarerinnen und Lohmarer,
liebe Ratsmitglieder,
liebe Stadtverwaltung,
liebe Bürgermeisterin,

an aller erster Stelle möchte ich ausdrücklich unserem Kämmerer Rüdiger Kulartz und seiner Kollegin Frau Katja Antweiler – sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung danken, denn den Haushalt aufzustellen ist eine Menge Arbeit – und insbesondere unter den vorliegenden Bedingungen mit Sicherheit nicht vergnügungssteuerpflichtig.

Leider waren auch für uns die Haushaltsberatungen schwierig – erst für Februar angekündigt, mussten wir eine gebuchte Haushaltsklausurtagung verschieben – dann konnte der Kämmerer krankheitsbedingt nicht zu unseren Beratungen kommen und auch keine Vertretung stellen und einen Ausweichtermin gab es auch nicht. Die Beantwortung unserer Fragen vor 1 Woche waren dann leider ein schwacher Trost. An dieser Stelle gute Besserung nach Much!

Bei der Einbringung des Haushalts sprach die Bürgermeisterin davon, dass Bund und Land uns Kommunen zunehmend Aufgaben aufbürden, die uns Millionenbeträge abfordern und die auf unseren kommunalen Schultern abgeladen werden.

Das ist so – und die finanzielle Ausstattung der Kommunen ist alles andere als auskömmlich. Die Aufgabenerfüllung der Kommunen kann mit der derzeitigen Finanzausstattung nicht gewährleistet werden. Was der rot-gelb-grüne Ampel-Ausfall in Berlin für Chaos verursacht und schwarz/grün im Land nicht auf die Kette bekommen, belastet uns Kommunen stark.

Dennoch, darf man sich nicht dahinter verstecken. Die Bürgermeisterin macht es sich hier leicht und spricht davon, die Krise sei jetzt Normalzustand – kann man halt nix machen.

Ich bin jetzt seit über 20 Jahren kommunalpolitisch aktiv, also, wenn ich mal zurückblicke, dann gab es schon immer Krisen, wir hatten die weltweite Bankenkrise, die globale Wirtschaftskrise, Griechenland und die Euro-Schuldenkrise, Starkregenereignisse, noch eine Flüchtlingskrise… es war immer etwas los – und immer standen zur Finanzierung am Ende der Kette die Kommunen.


Es ist also richtig zu sagen, die Welt befindet sich im Dauerstress, in einem anhaltenden Krisenmodus – nur ist der eben nicht allein auf die Amtszeit unserer Bürgermeisterin begrenzt – wobei der Begriff des Krisenmodus da tatsächlich auch treffend ist. Die Bewältigung von Krisen gehört also zu den Aufgaben des Bürgermeisters, der Bürgermeisterin; das war, wenn man ehrlich ist, aber schon immer so und ist nicht erst jetzt über unsere Bürgermeisterin hereingefallen wie ein Unglück.

Die Schuldzuweisungen an Bund und Land sind also nur zum Teil berechtigt und eben auch ein Stück Augenwischerei.

Unser ehemaliger Kämmerer Marc Beer sagte in seinem Statement zu seinem letzten Haushalt: „Bund und Land sind in der Pflicht den Kommunen zu helfen. Aber: Auch wir wirtschaften nicht nach unseren gegebenen Mitteln.“

Unsere Personalaufwendungen steigen alleine von 2023 auf 2024 um 17,5% – unser Kämmerer Herr Kulartz sagt dazu: „Die Personalkosten betragen rund 28% der Ordentlichen Aufwendungen und steigen um 4,4 Mio. € bzw. 5,5 Mio. € gegenüber dem Jahr 2023. Wir werden uns also zukünftig noch mehr Gedanken machen müssen, ob wir weiterhin bereit sind, alle Leistungen in diesem Umfang leisten zu können.“

Ein Vergleich wird im neuen Haushaltsentwurf schwierig gemacht: bei den Personalaufwendungen stößt man immer auf die Standardformulierung: „Die bisherige Stundenaufschreibung wurde durch eine pauschale Verteilung der Personalaufwendungen ersetzt.“

Hm. Die bisherige Stundenaufschreibung wurde durch eine pauschale Verteilung der Personalaufwendungen ersetzt.

Das wirft die Frage auf, ob die Planzahlen für die Zuordnung der Arbeitsleistung zu den Produkten überhaupt belastbar sind. Nach welchen Personalschlüsseln ermittelt denn die Bürgermeisterin ihren Personalbedarf?

Anscheinend wird hier gar nicht sparsam kalkuliert und verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgegangen. Wer sich erst zukünftig Gedanken macht, ob wir weiterhin bereit sind alle Leistungen in diesem Umfang leisten zu können, der hat jawohl den Knall nicht gehört und den Startschuss verpasst.

Ein Blick auf die Steuerungs-Kennzahl „Personalintensität“ und ein Blick in den Teilplan 1.01 „Innere Verwaltung“ zeigen deutlich, dass ein Großteil unserer Probleme hausgemacht ist – und dass wir uns auch die anstehenden – drastischen – Steuererhöhungen sparen könnten – aber dazu später mehr.

Die Personalintensität (also der Anteil der Personalaufwendungen an ordentlichen Aufwendungen) betrug bis 2020 max. 25,3%. Jetzt sind es 28,2% – die Steigerung um 3% bedeutet in der Summe über 3 Millionen Euro zusätzliche Kosten. Und nochmal: die Personalintensität ist eine Steuerungskennzahl und sagt etwas über die Effektivität aus – also nicht zu verwechseln mit dem Personalzuwachs.

Der Anteil des Teilplans Innere Verwaltung an den Gesamtaufwendungen ist ebenfalls auf nahezu 28% angestiegen. Eine 2% Einsparung würde hier auch deutlich mehr als 1 Millionen Euro weniger Aufwendungen bedeuten.

Zum Beispiel der Posten Marketing: Hatten wir 2020 76.000 Euro Personalkosten für Marketing eingestellt – haben sich die Personalkosten im Marketing auf 210.000 Euro fast verdreifacht – und 10.500 Euro sind eingestellt alleine für Werbeanzeigen auf den social-media-Kanälen.

Ein weiteres banales – aber bezeichnendes – Beispiel für die zu hohen Personalkosten und die nicht passende Personalintensität findet sich bei den Maßnahmen der Bauaufsicht (S.486ff):
- Gab es 2020 211 vollständige Bauanträge
- Werden 2024 nur noch mit 90 vollständigen Bauanträgen gerechnet – also nur noch mit 42% der Anträgen
- Trotzdem steigen die Personalkosten (2020 550K/ 2024 600K)

Der Schlüssel der Personalintensität hilft auch gut zum sogenannten Benchmarking – also, um sich mit anderen Kommunen zu vergleichen.

Die Gemeindeprüfungsanstalt hat für 2024 den Median in der Personalintensität für mittlere kreisangehörige Städte berechnet. Der Mittelwert beträgt 22,43% – wir liegen jetzt in Lohmar bei 28,2%.

Das zeigt, dass die Stadt ein hausgemachtes Ausgabenproblem hat. Würde hier der Haushalt wieder ins Lot gebracht, wären die Steuererhöhungen zu vermeiden.


Auch haben wir uns mit den Zinsen kräftig verkalkuliert – was uns jetzt stark belastet.

2020 haben wir 2 Millionen Euro Zinsen pro Jahr für Kassenkredite und PP-Projekte gezahlt. Bis 2028 verdreifachen wir jetzt unsere jährliche Zinsbelastung auf 6 Millionen Euro!

Wir haben als CDU-Fraktion 2022 gewarnt und der Verwaltung geschrieben, dass mit steigenden Zinsen zu rechnen ist – dass wir nicht weiter Kassenkredite aufnehmen dürfen. Die Bürgermeisterin schrieb uns: „Momentan werden die Kassenkredite in der Ansatzberechnung im Durchschnitt mit 0,3% verzinst. … Es sei nochmals erwähnt, dass mit diesem Szenario [gemeint ist unser prognostizierter der Anstieg der Zinsen] … nicht gerechnet wird.“

In diesem Haushaltsentwurf (S. 62) schreibt die Bürgermeisterin nun: „Die Zinslast für Investitionskredite verändert sich durch die eingeplanten großen Investitionsmaßnahmen, so dass hier die Belastungen deutlich ansteigen. Bisher profitierte die Stadt Lohmar von dem historisch niedrigen Zinsniveau. Die Kassenkredite werden mit 3,5% geplant… Das vergangene historisch niedrige Zinsniveau führte zu einem entsprechenden finanziellen Vorteil. Allerdings ist hier auch ein erhebliches Risiko innerhalb der Haushaltsplanung durch eine mögliche weitere Steigerung des Zinsniveaus zu sehen.“

Huch, wie blauäugig! Oder wurde die Zinsentwicklung vielleicht übersehen, damit man die Investitionen tätigen konnte – die politisch gewollt waren?

Eben als hervorstechendes Denkmal die neue Grundschule in Birk an der gleichnamigen Denkmal-Straße „zur neuen Schule“ – die neben den Kosten, die wir jetzt immer mitschleppen – eben auch Einnahmen gekostet hat – für Bauland, das wir nicht an Familien verkaufen konnten. Was uns dann zur eigenen Erschließung auch noch die Infrastrukturkosten kostet.

Und wenn wir uns jetzt die aktuelle konjunkturelle Lage anschauen – dann ist auch zu bezweifeln, dass die von Herrn Becker immer hochgehaltene Gegenfinanzierung durch die Veräußerung der Ortsmitte Birk so reibungslos laufen wird, wie immer behauptet. Zumindest ist abzuwarten, ob durch die Machbarkeitsprüfung von Urban NRW nicht herauskommt, dass noch mehr Wohnungen im Zentrum errichtet werden müssen, als es die Koalition bislang plant.

Die Bürgermeisterin spricht in ihrer Haushaltsrede davon, dass die Lage schwierig sei und wir nicht vorhaben Luftschlösser zu bauen. Stimmt. Das haben wir nicht vor – das ist eben schon passiert und damit müssen wir jetzt leben!

Wir werden jetzt einfach ganz langsam, nach und nach und vor allem schmerzhaft merken, was wir in der Vergangenheit – an zugegeben schönen Dingen – beschlossen haben, die wir uns aber gar nicht leisten können.

Die Bürgermeisterin kündigt in ihrer Rede auch an, im Haushalt 2024/2025 kommen wir ohne Steuererhöhungen aus! – Ich habs auch direkt in der Zeitung gelesen – Haushalt der Stadt Lohmar ohne Steuererhöhungen!

Jaaaaaa. Nein. Mit dem Haushalt wird nach § 84 GO eben auch die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung beschlossen.

Schauen wir uns mal an, was da passiert:

Im Jahr 2020 hatte die Stadt Lohmar einen Schuldenstand von 87,5 Millionen Euro – je Einwohner einen pro Kopf Schuldenstand von 2.900 Euro Schulden.

- Im Jahr 2024 werden wir 26,4 Millionen Euro als Kredit aufnehmen und 6,3 Millionen Euro tilgen
- Im Jahr 2025 werden wir 25,6 Millionen Euro als Kredit aufnehmen und 6,7 Millionen Euro tilgen
- Die Ausgleichsrücklage haben wir mittlerweile komplett aufgebraucht, von der allgemeine Rücklage verbrauchen wir alleine im Jahr 2025 20,99%! Zack, Tafelsilber! Merkt aber keiner.
- Dann ist die Kommunalwahl – danach gibt es Steuererhöhungen – und jetzt rappelt es! 2026 wird die Grundsteuer B auf 900 Prozentpunkte und 2027 auf 1.200 Prozentpunkte angehoben. Mindestens! Die Steuererhöhungen stehen jetzt schon so drin, ansonsten wäre der Haushalt nämlich gar nicht genehmigungsfähig.
- 2026 machen wir dann „nur noch“ 15 Millionen Euro neue Schulden – und tilgen 7,2 Millionen Euro.
- Sodass wir 2027 dann 145,5 Millionen Euro Schulden haben – pro Kopf sind das 4.600 Euro Schulden.
Lohmar hat also, seit Bestehen, in allen Jahren, zusammen 87,5 Millionen Euro Schulden gemacht. Bis 2020 – Bis zur Bürgermeisterin Claudia Wieja und bis zur Koalition aus Grünen, SPD und UWG.

In dieser Zeit macht die Stadt Lohmar knapp 60 Millionen Euro neue Schulden.

87,5 Millionen Euro – in allen Jahren vor Claudia Wieja und der Koalition zusammen – 60 Millionen Euro unter Claudia Wieja und der Koalition. Ein Plus von 60%.

Frau Wieja: Treten Sie eigentlich noch einmal als Bürgermeisterin an? Ist das Ihr Bewerbungshaushalt für gute Arbeit für die Wahl 2025?

Oder sagen Sie sich: Ich habe Schulen und Kindergärten eröffnet – bevor es eng wird gehe ich – den Schlamassel sollen andere ausbaden?

Das ist die Bilanz einer Schuldenbürgermeisterin! So werden Sie in die Geschichte der Stadt Lohmar eingehen.

60 Millionen Euro neue Schulden. Puhh – das ist nicht nachhaltig. Das ist nicht generationengerecht! Das ist die Schere zwischen grüner Fiktion und grüner Realität!

Aber die Strategie ist klar, die Schulden merken die Bürgerinnen und Bürger ja erst einmal nicht. Das, was man merkt, ist, ein Spatenstich für eine neue Schule, eine Grundsteinlegung für eine neue Schule, ein Richtfest für eine neue Schule, eine Eröffnung für eine neue Schule.

Ich sprach es gerade an: Im Haushalt 2019/2020 lag die die Grundsteuer B bei 620 Prozentpunkten. Nach der Amtszeit von Claudia Wieja und der Koalition liegt die Grundsteuer B 2027 bei 1.200 Prozentpunkten.

620 auf 1.200!

Das heißt im Ergebnis, dass die jetzige Koalition es geschafft hat, die Grundsteuerhebesätze zu verdoppeln!

Das ist die Bilanz einer Schuldenbürgermeisterin!

Und jetzt erinnern wir uns daran, was ich zu Beginn über die Personalintensität und die Innere Verwaltung gesagt habe. Wenn die Bürgermeisterin hier ihren Haushalt ins Lot bringen würde – dann könnten wir tatsächlich unseren Bürgerinnen und Bürgern die 4 Millionen Euro Steuererhöhung ersparen.

Aber am Ende bleibt einfach nur übrig, was der Kämmerer trocken feststellt:

„Festzustellen ist, dass der in §75 Abs. 2 GO NRW normierte Haushaltsausgleich in keinem Planjahr erreicht werden kann. Ferner wird ersichtlich, dass die Jahresdefizite sehr hoch sind. In den Jahren 2024-2028 kann nur durch die Inanspruchnahme der allgemeinen Rücklage bzw. Ausgleichsrücklage sowie des Verlustvortrags (also des immer weiter Verschiebens des Verlustes) der Fehlbedarf gedeckt werden.“

Das ist wahrlich kein Haushalt, dem wir mit gutem Gewissen und Verantwortungsbewusstsein für unsere Bürgerinnen und Bürger zustimmen könnten!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!